Plantforward

Fleischersatz aus Pflanzenproteinen

In den sozialen Medien springen einem die Hashtags entgegen: #meatfree, #vegetarian, #govegan gehören zu den beliebtesten Suchbegriffen auf Instagram, Twitter und Co. Wer sich für gesundes und nachhaltiges Essen interessiert und in entsprechenden Interessensgruppen verkehrt, dem wird bei einem kurzen Besuch in den Online-Netzwerken klar: Pflanzliche Fleischalternativen sind im Trend. 

  

Influencer wie  «plantbasedben» oder Tabitha Brown «iamtabithabrown»  haben weit über 100 000 Follower auf Instagram. Das Video von Tabitha Brown, in dem sie die vegane Version eines BLT-Sandwiches, mit Tempeh-Speck, Tomaten, Salat und Avocado isst, ging 2018 viral. Es wurde 3,6 Millionen Mal auf Facebook angeschaut und Tabithas Reaktion auf ihr erstes veganes Sandwich ist beispielhaft für den Ruck, der zurzeit durch die Konsumentenlandschaft geht: «Ich schaue mich um, und die Dinge sehen anders aus. Mein Leben hat sich direkt vor meinen Augen verändert.» 

Start-ups, die Alternativen zu tierischen Eiweissen anbieten, boomen. Dem Beispiel der amerikanischen Vorreiter «Beyond Meat» und «Impossible Foods» folgend, experimentieren sie am Essen der Zukunft. Das chilenische Start-up «The Not Company» etwa konzentriert sich auf vegane Varianten von Ei- und Milchprodukten. Sein berühmtestes Produkt NotMayo hat es in kürzester Zeit über die Grenzen des Kontinents hinaus geschafft; im September 2020 erhielt das Unternehmen weitere Investorenbeiträge in der Höhe von USD 85 Millionen, um die Produktion zu skalieren. 

 

Wir brauchen diese Kapazitäten in der Zukunft, um  Die Menschen mit  nachhaltigen Proteinen  zu ernähren

Christoph Naef,
Head of Human Nutrition bei Bühler

Verkaufszahlen schnellen in die Höhe

Genauso erfolgreich ist Oatly. Der schwedische Hafermilchproduzent konnte seinen Nettoumsatz von USD 20 Millionen im Jahr 2012 auf rund USD 200 Millionen im Jahr 2019 verzehnfachen und kämpft immer wieder mit Lieferschwierigkeiten, weil die Nachfrage so gross ist. 

Es gibt nichts mehr kleinzureden: Die pflanzlichen Proteinersatzprodukte haben es in die Regale der grossen Detailhändler geschafft. «Viele Menschen versuchen nachhaltiger zu leben. Sie überdenken den eigenen Lebensstil», sagt Christoph Näf, Head of Human Nutrition bei Bühler. Und dazu gehöre ein geringerer Fleischkonsum.

Innova Market Insights hat 2019 «The Plant Kingdom» als zweitgrössten Trend des Jahres bezeichnet. Im Jahr 2018 stiegen gemäss Marktforschungsinstitut Nielsen die Verkaufszahlen für pflanzenbasierte Milch- und Fleischersatzprodukte in den USA um 20 Prozent auf USD 3,3 Milliarden. 

 

Bühler hat mit seiner Extrusionstechnologie bei den Nassextrudaten die Nase vorn. Bühler hat mit seiner Extrusionstechnologie bei den Nassextrudaten die Nase vorn. Bühler hat mit seiner Extrusionstechnologie bei den Nassextrudaten die Nase vorn.

  

Das heisst jedoch nicht, dass die Anzahl Vegetarier und Veganer sprunghaft zugenommen hätte. Wie eine Studie der NPD Group aufzeigt, essen 90 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten von pflanzenbasierten Proteinersatzprodukten auch Fleisch. Diese neue, wachsende Konsumentengruppe bezeichnet sich selbst als «Flexitarier». 

Die Zahlen seien jedoch mit Vorsicht zu geniessen, sagt Näf. «Die Daten sind oft nur regional erhoben und können darum nur etwas über einen spezifischen Markt aussagen. Wir gehen aber davon aus, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren rund 10 bis 25 Prozent des Fleischmarktes durch alternative und nachhaltige Produkte ersetzt werden.» 

Die Veränderung der Konsumentenlandschaft spürt auch Hiltl, das vegetarische Gastronomie- und Familienunternehmen aus Zürich, das sich als ältestes vegetarisches Restaurant weltweit einen Namen gemacht hat. «Wir reden nicht mehr von einem Trend, sondern vielmehr von einer Bewegung», sagt Milo Stegmann, operativer Marketingleiter von Hiltl. «Seit einigen Jahren spüren wir stark, dass sich die Menschen bewusster ernähren und deshalb öfter auf Fleisch verzichten.» Und gerade weil sie dies aus ethischen und ökologischen Gründen tun, nicht etwa, weil sie Fleisch nicht mögen, kommen die pflanzlichen Fleischersatzprodukte sehr gut an: «So müssen unsere Gäste nicht auf ihr Tatar oder den Hackbraten verzichten», sagt Stegmann.

Beim vegetarischen Gastronomieunternehmen Hiltl erfreuen sich pflanzliche Fleischersatzprodukte grosser Beliebtheit. Beim vegetarischen Gastronomieunternehmen Hiltl erfreuen sich pflanzliche Fleischersatzprodukte grosser Beliebtheit. Beim vegetarischen Gastronomieunternehmen Hiltl erfreuen sich pflanzliche Fleischersatzprodukte grosser Beliebtheit.

Mit innovativen Produkten trumpfen

Aufgrund der steigenden Nachfrage hat Hiltl bereits vor sechs Jahren in Zürich die erste vegetarische Metzgerei der Schweiz «Hiltl Vegimetzg» eröffnet. «Wir versuchen immer, neue innovative Produkte ins Sortiment der Vegimetzg aufzunehmen. Unsere derzeitigen Bestseller sind Hiltl Tatar, Cordon Bleu, der vegane Hiltl Burger sowie das geschnetzelte Pflanzenhuhn des Schweizer Start-ups ‹Planted›, das wir nature oder mit unserer hausgemachten Hiltl Güggeli-Marinade anbieten.» 

Bei den meisten dieser Produkte hat Bühler als Technologielieferant die Finger im Spiel. So wird auch das pflanzliche Huhn von «Planted» auf einem Extruder von Bühler hergestellt (siehe Seiten 50−55). Der aktuelle Konsumtrend ist der Durchbruch, den Bühler schon lange erwartet hat. «Trockenextrudate aus Pflanzenproteinen gibt es bereits seit ungefähr 40 Jahren. Ursprünglich wurden diese vor allem für sogenannte Meat Extenders produziert. Heute noch gibt es in vielen Ländern Wurstwaren oder Dumplings, die mehr Soja enthalten als Fleisch», sagt Näf. Die Wende kam mit den Nass-extrudaten. Auch hier ist Bühler an vorderster Front der Entwicklung mit dabei. «Seit etwa zehn Jahren arbeiten wir intensiv an der Entwicklung der Nassextrudate», sagt Näf. «So konnten wir uns von Anfang an als Technologieleader positionieren.» 

Hier habe sich auf Technologieseite in den letzten Jahren Entscheidendes getan, sagt auch Milo Stegmann von Hiltl: «Durch die verbesserten Technologien und vor allem auch durch die neuen und vorwiegend natürlichen Inhaltstoffe haben sich die pflanzlichen Fleischalternativen stark verbessert.»

 

Vor allem auch durch die neuen und vorwiegend natürlichen Inhaltstoffe haben sich die pflanzlichen Fleischalternativen stark verbessert.

Milo Stegmann,
Operational Marketing Manager bei Hiltl, Zürich

Unschlagbar bei Prozesswissen und Effizienz

Bei Bühler überschlagen sich die Anfragen von Kunden seit etwa zwei Jahren. Denn Bühler kann mit differenziertem Prozesswissen und hoher Anlageneffizienz aufwarten: «Wir sehen uns bei den Nassextrudaten als klarer Marktführer. Denn wir sind die einzigen, die in diesem Bereich die komplette Prozesskette, von der Bohne bis zum Burger, anbieten können. Mit unserer Expertise im Rohmaterialverständnis und Handling, in der Rohmaterialverarbeitung und der Texturierung der Proteine im Extruder können wir unseren Kundinnen und Kunden einen einmaligen Mehrwert für ihr Business anbieten», sagt Näf.

Bühler kommt dabei zugute, dass die Ausgangsmaterialien heute vielfältiger sind als noch vor zehn Jahren. Aus Erbsen, Bohnen, Linsen und sogar aus Presskuchen von Ölsaaten, die in der Pflanzenöl-industrie als Abfall anfallen, können proteinreiche Fleischersatzprodukte hergestellt werden. 

In all diesen Verarbeitungsprozessen hat Bühler jahrzehntelanges Know-how. Und bei den Newcomern, den Einzellern wie Mikroalgen, Hefen und Pilzzellen, befindet sich Bühler am Puls der Innovationsentwicklung. «Hier sind wir in der Experimentierphase. Die Rohmaterialien sind noch nicht in so grossen Mengen und noch nicht zu marktfähigen Preisen erhältlich. Wir rechnen aber in spätestens drei bis fünf Jahren mit einem Durchbruch.»

Kein lokales Phänomen

Gemäss Näf sind die USA bei Weitem nicht mehr der einzige boomende Markt, wenn es um pflanzenbasierte Proteine geht: «Wir sehen in Europa und Asien einen grossen Push. Sogar in Ländern, an die man vielleicht nicht als erstes denken würde, etwa Italien, Frankreich, Malaysia oder Indonesien.» 

Einer der Gründe für den Trend ist auch die Zunahme von Krankheiten tierischen Ursprungs. Covid-19, die afrikanische Schweinepest oder die Vogelgrippe betreffen Millionen Menschen. Aber auch ethische und ökologische Bedenken führen zu einem reduzierten Fleischkonsum. «Man muss ganz klar sehen, die Umstellung macht aus ökologischer Sicht grossen Sinn. Wenn Sie den CO2-Ausstoss anschauen, der für die Herstellung einer gleichen Menge Proteine aus Fleisch oder aus Pflanzen anfällt, dann wird schnell klar, welche Lösung die nachhaltigere ist. Dazu kommt, dass wir rein mengenmässig auf Pflanzenproteine angewiesen sind, wenn wir die Menschheit auch in Zukunft nachhaltig ernähren wollen.»

Für Bühler hat sich die intensive Forschung und Entwicklung der letzten Jahre gelohnt. Aufgrund der zunehmenden Medienpräsenz erfolgreicher Marken, des anhaltenden Interesses der Konsumenten und der steigenden Verkaufszahlen interessieren sich immer mehr Nahrungsmittelproduzenten für die Technologie. Nebst den Start-ups, die bereits mit spannenden Produkten vorgeprescht sind und von denen viele mit Bühler zusammenarbeiten, kommen auch immer mehr traditionelle Betriebe auf den Geschmack. «Wir erhalten viele Anfragen von langjährigen Bühler Kunden, die eine Chance sehen, sich mit solchen Produkten zu differenzieren – etwa aus der Müllereibranche», sagt Näf. 

Ganz neu in der Geschichte von Bühler sind die fleischverarbeitenden Betriebe, von denen ebenfalls viele den vegetarischen und den veganen Markt entdecken: «Das ist eine völlig neue Kundengruppe für uns. Doch eigentlich ist es für diese Betriebe ein logischer Schritt. Fleischproduzenten haben zwar 

bisher kein Rohmaterialhandling und keine Extrusionslösungen, aber die meisten verfügen über die restliche Produktionskette: Sie haben die Weiterverarbeitung, die Kühlkette und die Verpackung.»

Laut Näf sehen viele Fleischproduzenten Produkte aus pflanzlichen Proteinen als Ergänzung ihres Sortiments. So auch JBS, der weltweit grösste Fleischproduzent und grösste Fleischverarbeiter in Südamerika. Die in Colorado, USA, basierte Tochterfirma von JBS, Planterra Foods, produziert Burger und Fleischbällchen aus Pflanzenproteinen. 

Produktentwicklung vorantreiben

Bühler hat die Nase vorn. Nebst dem technologischen Know-how ist das Unternehmen in der Nahrungsmittelindustrie vernetzt, in über 140 Ländern präsent und hat auf mehreren Kontinenten Anwendungszentren, in denen Kunden neue Produkte entwickeln können. «Und wir haben als einzige in der Industrie in Minneapolis ein Anwendungszentrum, in dem wir die ganze Verarbeitungskette abbilden können. Von der Reinigung und Sortierung der Bohne bis zum fertig extrudierten Produkt.» Und in Singapur baut Bühler zusammen mit Givaudan ein Forschungszentrum für pflanzliche Proteine.

Für Christoph Näf ist klar, der Trend ist kein kurzfristiger Hype, sondern ein wichtiger Schritt in Richtung nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion: «Wir brauchen diese Kapazitäten in der Zukunft, um die Menschen mit nachhaltigen Proteinen zu ernähren. Darum bin ich überzeugt, dass dieser Markt auf einem stetigen Level weiterwachsen wird.»

Innovationszentrum für Lebensmittel auf Pflanzenbasis in Singapur

Der führende Anbieter auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnologie und das weltweit führende Unternehmen im Bereich der Düfte und Aromen bringen ihre globale Partnerschaft nach Südostasien. Zusammen bauen Bühler und Givaudan in Singapur ein Innovationszentrum für Nahrungsmittel auf Pflanzenbasis. 

Die neue Anlage am Standort Givaudan Woodlands wird gemeinsam von beiden Unternehmen betrieben. Sie beinhaltet eine Pilotanlage mit Extrusions- und Verfahrenstechnologie von Bühler sowie eine Küche und ein Aromalabor von Givaudan. 

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