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LiDAR
Die Automobilindustrie hat eine klare Vision: Fahrzeuge der Zukunft sollen sich komplett autonom im Strassenverkehr bewegen. Damit das möglich wird, muss das Auto seine Umgebung viel besser wahrnehmen können als heute. Bühlers Beschichtungstechnologie ist Teil dieser Entwicklung. Denn beschichtete Sensoren sind die Augen des Zukunftsautos.
August 2019
Das Prinzip eines Autos ist seit seiner Erfindung, dass ein Mensch mit zwei Augen über sein Lenkrad blickt. Der Mensch entscheidet, was die Maschine, in der er drin sitzt, machen soll. Ein erfolgreiches Rezept, sind doch die vielen Eventualitäten, die einem im Strassenverkehr begegnen können komplex und verlangen nach intelligenten Entscheidungen: Ereignisse, wie zum Beispiel ein Igel der die Strasse überquert, ein Fahrradfahrer der im stockenden Verkehr rechts überholt oder ein entgegenkommendes Auto, das die Kurve schneidet, werden vom Fahrer wahrgenommen und in eine auf Erfahrung basierende Entscheidung übersetzt.
Schon seit einiger Zeit forscht die Automobilindustrie daran, wie der Strassenverkehr mit all seinen unterschiedlichen Teilnehmenden sicherer gemacht werden kann. So wurden Notbremsassistent, verbesserte Rückspiegel, oder intelligente Scheinwerfer entwickelt. Funktionen, die den Menschen beim Fahren unterstützen und die helfen, Gefahren besser vorauszusehen und zu meistern.
«Heute steht die Industrie vor einer weiteren Umwälzung. Das Auto soll mehr und mehr in der Lage sein, den Fahrer nicht mehr nur zu unterstützen, sondern ihm Entscheidungen abzunehmen», sagt Dr. Steffen Runkel, Head of Optics bei Bühler Leybold Optics. «Die adaptive Geschwindigkeitsregelung verlangsamt, wenn das Auto dem vorderen Wagen zu nahe kommt, der Totwinkelassistent warnt vor seitlich vorbeifahrenden Autos, der Spurassistent meldet sich, wenn das Auto ungewollt den Rand der Spur erreicht.» Dazu sind mehr als nur zwei Augen nötig. Die Technologie, die es möglich macht, das Auto mit zusätzlichen Sehnerven auszustatten, ist in der Halbleiterindustrie zu finden. Sensoren können die Umgebung scannen und so Distanzen einschätzen oder Objekte wahrnehmen – das Auto lernt durch sie, die Umgebung selbst wahrzunehmen.
Sensoren sind je nach Anwendungsgebiet an unterschiedlichen Stellen im Fahrzeug platziert. Ein Laserstrahl wird ausgesendet, um das Blickfeld des Sensors auszuleuchten. Das von der Umgebung reflektierte Licht wird vom Detektor aufgefangen und ausgewertet. So erkennt der Sensor die Grösse und die Entfernung des Gegenstandes. Eine Herausforderung bei der Technologie ist, dass der Sensor die reflektierten Lichtwellen erkennt, die für die Anwendung des Detektors von Bedeutung sind. Alle anderen störenden Lichtwellen müssen vom Detektor ferngehalten werden, wie zum Beispiel das Sonnenlicht. Das Selektieren von Lichtwellen erfolgt mit Hilfe eines sogenannten Bandpass-Filters, welcher aus einer bestimmten Abfolge von nanometerdünnen optischen Schichten besteht.
Bühler Leybold Optics mit Sitz in Alzenau, Deutschland, hat sich auf diesem Gebiet spezialisiert. Vor knapp 20 Jahren wurde hierfür die HELIOS-Technologie entwickelt, mit der genau solche Filter hergestellt werden können. «Die Technologie basiert auf der Sputtering-Methode, auf Deutsch Kathodenzerstäubung. Dabei wird ein Material, das für die Beschichtung verwendet wird und als Target bezeichnet wird, zum Beispiel Silizium oder Tantal als Block in der Sputterkathode eingesetzt», erklärt Dr. Runkel. «Mit Hilfe eines Plasmas werden einzelne Ionen erzeugt, die auf dieses Target geschossen werden.
Das Auto soll mehr und mehr in der Lage sein, dem Fahrer Entscheidungen abzunehmen.
Dr. Steffen Runkel,
Head of Optics bei Bühler Leybold Optics
Diese schlagen aus dem Targetmaterial einzelne Silizium- oder Tantal-Atome wieder heraus, welche sich auf dem Filter niederschlagen. Durch die Zugabe von Sauerstoff werden diese Schichten oxidiert und transparent. So entstehen mehrere nanometerdünne Schichten aus verschiedenen Materialien. Je nach Zusammensetzung filtern diese unterschiedliche Wellenlängen.»
Die HELIOS-Technologie ist heute soweit fortgeschritten, dass die produzierten Filter die Lichtwellen sehr differenziert aussortieren können. Sie arbeiten im Lichtspektrum von Ultraviolett bis Infrarot, indem bis zu 800 Schichten an verschiedenen optischen Materialien auf einen Filter aufgetragen werden. Entscheidend ist auch, dass eine HELIOS-Anlage mehrere Werkstücke gleichzeitig beschichten kann und so die Produktionsvolumina gesteigert werden. Das macht die Herstellung der Filter wesentlich kostengünstiger.
«Wenn wir in die Zukunft denken, ist unsere Technologie sehr gut für die Herstellung von optischen Sensoren in autonomen Fahrzeugen geeignet», sagt Dr. Runkel. «Denn es ist klar, dass ein Auto nur dann selbst fahren kann, wenn es seine Umgebung komplett erfasst.»
Natürlich reichen optischen Sensoren alleine nicht aus. Ein autonomes Fahrzeug muss die vom Sensor generierten Informationen, in Echtzeit auswerten und in eine entsprechende Aktion des Autos umwandeln. «Somit braucht es zusätzlich intelligente Softwareprogramme auf der Basis von künstlicher Intelligenz, welche die richtigen Entscheidungen treffen können», sagt Dr. Runkel.
Die Euphorie der Industrie, dass öffentliche, aber auch individuelle Fahrzeuge in Zukunft komplett selbst fahren können, hält sich bis heute noch in Grenzen. Trotz intensiver Forschung werde die Umstellung auf den autonomen Verkehr wahrscheinlich um einiges länger dauern, als ursprünglich geplant, ist Klaus Herbig, Head of Product Management Optics bei Bühler, überzeugt: «Wenn die Sensoren einen Steinlöwen auf der Brücke als Lebewesen erkennen und bremsen, dann funktioniert das System noch nicht richtig. Wenn ein LKW, der von links kommt, nicht als LKW erkannt wird sondern als Brücke, dann ist das System noch fehlerhaft. Auch Strassenschilder können die Kamerasysteme zurzeit nur zu zirka 90 Prozent richtig wahrnehmen und interpretieren. So gibt es bisher kein System, das alle Eventualitäten wirklich zuverlässig sehen kann.»
Dies bremst die Automobilindustrie kaum, weiterhin an die Vision zu glauben. Nicht zuletzt dank der in Griffnähe rückenden technischen Möglichkeit der Lidar-Technologie. Lidar (Englisch für light detection and ranging) ist eine dem Radar verwandte Methode, die anstatt mit Radiowellen mit Laserstrahlen arbeitet. «Bei Lidar wird ein Laserstrahl ausgesandt, der am Gegenstand reflektiert und wieder eingefangen wird. Eine der Herausforderungen dabei ist, dass der Laserstrahl die komplette Umgebung abscannen muss. Darum muss der Strahl sich dauerhaft bewegen. Eine weitere Schwierigkeit ist die zuverlässige Abdeckung der weiten Distanzen von 100 bis 200 Metern.»
Erste Prototypen von Lidar-Systemen wurden bereits auf den Dächern von Autos angebracht. Sie werden in Kästen in verschiedenen Winkeln angeordnet, damit sie die ganze Umgebung erfassen können. Marktreife könnten solche Systeme aber erst erlangen, wenn die Komponenten kleiner und in bereits vorhandene Komponenten eines Autos integriert werden können, zum Beispiel in die Scheinwerfer. «Daran arbeitet momentan die ganze Industrie mit Hochdruck, sowohl die etablierten wie auch viele Start-up-Firmen. Es gibt weltweit knapp 100 Start-ups, die ihre eigenen Ideen haben, wie die Lidar-Technologie in Zukunft im Auto funktionieren könnte.»
Dabei ist Lidar an sich ist nicht neu. Die Technologie wird heute bereits bei Satelliten und bei verschiedenen Anwendungen im Militär eingesetzt. «In diesen Bereichen darf so ein System mehrere Tausend Euro kosten», sagt Klaus Herbig. «In der Automobilindustrie sprechen wir von viel höheren Stückzahlen. In der Premiumklasse darf ein solches Gerät vielleicht noch etwas mehr kosten, aber sobald wir in der Mittel- oder Unterklasse ankommen, dann sprechen wir vom 100-Euro-Bereich.» Herbig ist in der Optics-Abteilung mit verantwortlich dafür, dass die Trends im Markt rechtzeitig erkannt werden. «Das ist entscheidend für uns, damit wir auch unsere Lösungen entsprechend den Bedürfnissen unserer Kunden weiterentwickeln. Um beispielsweise die Kosten in der Produktion zu verringern, sind hohe Volumina und ein hoher Automatisierungsgrad die entscheidenden Faktoren, mit denen wir uns von der Konkurrenz abheben können», sagt Herbig.
Die entsprechenden Weiterentwicklungen kann das Optics-Team von Bühler in Alzenau aber erst in Angriff nehmen, wenn klar ist, auf welche Weise eine solche Technologie überhaupt in grosser Zahl zum Einsatz kommen wird. «Viele unserer Kunden forschen im Moment in diesem Bereich. Für uns ist deshalb entscheidend, dass wir unsere Kontakte pflegen und den Kunden anbieten, dass sie im Bereich der benötigten Beschichtungen mit uns zusammenarbeiten. Denn hier sind wir die Experten», sagt Herbig.
Viele der Ideen stecken noch in den Kinderschuhen, aber sie werden schon bald auf die eine oder andere Weise umgesetzt.
Dr. Steffen Runkel,
Head of Optics bei Bühler Leybold Optics
Bühler Leybold Optics ist in der Industrie gut vernetzt und pflegt einen regen Austausch zu Forschungseinrichtungen in Deutschland, Frankreich und Belgien. «Wir sind zudem mit mehreren Automobilherstellern und deren Zulieferern in Kontakt», sagt Herbig. «Insbesondere bieten wir Ihnen an, in unserem Anwendungszentrum in Alzenau ihre kreativen Ideen und Entwicklungen zu testen. »
Das Applikationszentrum wurde vor eineinhalb Jahren ausgebaut und umfasst einen 1200 Quadratmeter grossen Testbereich, ein High-Tech-Labor, sowie einen hochmodernen Forschungs- und Entwicklungsbereich. Aufgrund der hohen Nachfrage, hat Bühler gleich zwei HELIOS-Anlagen der neuesten Generation dort aufgebaut. Direkt daneben steht eine DLC-Maschine (DLC steht für Diamond-like Carbon, auf Deutsch: Kohlenstoff, so hart wie Diamant), die zum Beispiel für die Herstellung von Nachtsichtkameras eingesetzt wird.
Diese unterstützen den Fahrer, bei Dunkelheit und schwierigen Lichtverhältnissen Gefahren früher zu erkennen. Die nach vorne schauenden Kameras müssen den enormen Belastungen, etwa durch die Bewitterung und den Gebrauch im Strassenverkehr, standhalten. Die DLC kann Kameras so beschichten, dass sie sehr widerstandsfähig sind.
Für die Kunden von Bühler ist das Anwendungszentrum ein grosser Mehrwert, gerade für diejenigen, die noch nicht so viel Erfahrung mit der optischen Dünnfilmbeschichtungstechnologie haben. Und diese wird im Auto der Zukunft auf jeden Fall ihren Platz finden. «Viele der Ideen stecken noch in den Kinderschuhen, aber sie werden schon bald auf die eine oder andere Weise umgesetzt», sagt Dr. Runkel. «Denn wir sprechen von dem Auto der Zukunft, das an allen Ecken und Kanten optische Sensoren verbaut haben wird und das auf Basis dieser Technologien das Sehen lernt.»
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