-
Lebensmittel, Futtermittel und SüsswarenAdvanced materials
-
Lösungen
Lebensmittel, Futtermittel und SüsswarenAdvanced materials
- Serviceleistungen
- Inspiration
- Neuigkeiten
- Karrieren
- Über uns
Unsere planetaren Ressourcen reichen nicht aus, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren – nicht mit den derzeitigen Methoden zur Lebensmittelproduktion. Davon ist Alexander Mathys, Professor am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH Zürich, überzeugt. Er forscht mit seiner Gruppe im Bereich der nachhaltigen Lebensmittelproduktion und schlägt interessante Alternativen für die Zukunft vor.
Professor Alexander Mathys ist Lebensmitteltechnologe. Er hat seinen Doktortitel im Jahr 2008 im Bereich Lebensmittelverarbeitung erworben. Seit 2015 ist er als Assistenzprofessor für nachhaltige Lebensmittelverarbeitung an der ETH Zürich tätig, wo er sich auf effizientere und nachhaltigere Wertschöpfungsketten in der Lebens- und Futtermittelverarbeitung konzentriert. Mathys ist Autor von 70 Publikationen und hat mehrere renommierte Forschungspreise gewonnen. Er arbeitet auch als Dozent, Lehrer, Rezensent und Supervisor für verschiedene Universitäten und Organisationen.
Bühler leistete im Jahr 2015 einen finanziellen Beitrag an die ETH-Stiftung zur Einrichtung des Lehrstuhls von Professor Mathys.
Um die Menschheit in Zukunft ernähren zu können, müssen wir umdenken
Alexander Mathys,
Professor am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH Zürich
Ich glaube, dass wir in 30 Jahren beim Kochen viele neue Produkte berücksichtigen werden, von Algen über Insekten bis zu Lebensmitteln, über die wir jetzt noch gar nicht nachdenken. Wir werden vor allem gesündere Lebensmittel zur Auswahl haben und hoffentlich viel weniger Fleisch essen. Ausserdem werden wir Lebensmittel personalisieren, gemäss den spezifischen Bedürfnissen der jeweiligen Person.
Zum Beispiel mit einem 3D-Drucker. Ich bin überzeugt, dass die Technologie entsprechend weiterentwickelt wird, sodass ein solches Gerät in Zukunft zur normalen Küchenausstattung gehört, neben Backofen, Mikrowelle und Kaffeemaschine.
Meine Vision ist, dass wir mit diesen Geräten gesunde, relevante Zutaten aus umweltfreundlicher Produktion zubereiten. Hier kann ich mir zum Beispiel algenbasierte Snacks vorstellen, die aus selbst angebauten Kulturen stammen, die dank Konzepten der urbanen Landwirtschaft an der Wand in der Küche entstehen. Sie gelangen dann direkt in den 3D-Drucker und können frisch zubereitet serviert werden. Wir könnten auch insektenbasierte Zutaten berücksichtigen und natürliche, klassische Zutaten wie Getreide oder Hülsenfrüchte.
Ich bin mir sicher, dass wir auch in 30 Jahren noch frisch gebackenes Brot wirklich zu schätzen wissen.
Es kommt darauf an, was man unter Kochen versteht. Wenn ich einen Topf auf den Herd stelle, ist das Kochen ein thermisches Verfahren, das 3D-Drucken hingegen ist ein thermomechanisches Verfahren. Bereits heute kann ich beim Kochen auf einfache Weise mechanische Energie einbringen, über einen Mixer zum Beispiel. Es wird auch in Zukunft sehr stark von der Person abhängen, die in der Küche steht. Wer Zeit und Musse hat, wird auch dann eher aufwendig kochen. Wichtig finde ich vor allem, dass in Zukunft mehr auf gesunde Endprodukte geachtet wird, die aus umweltfreundlicher Produktion stammen.
Wir haben weltweit 14 Millionen Quadratkilometer an kultivierbarer Fläche, die wir bearbeiten können. Das sind 1,4 Milliarden Hektar. Und diese werden bereits komplett genutzt. In einigen Bereichen haben wir schon die Grenze erreicht. Gemäss dem Konzept der „Planetary Boundaries“ von Johan Rockström und Will Steffen befinden wir uns bereits im roten Bereich. Es bestehen irreversible Schäden bei der Biodiversität und im Kreislauf von Stickstoff und Phosphor.
Um die Menschheit in Zukunft ernähren zu können, müssen wir umdenken. Eine Überlegung dabei ist, in der Primärproduktion Flächen zu nutzen, die kein Ackerland darstellen. Ich spreche von Konzepten wie der urbanen vertikalen Landwirtschaft, Dachbepflanzungen, innovativen Gewächshäusern oder in sich geschlossenen Lebenserhaltungssystemen. Meine Forschung bewegt sich in diesem Bereich. Wir züchten Mikroalgen in Photobioreaktoren, die zum Beispiel an Hauswänden angebracht werden können.
Grundsätzlich geht es darum, alternative Proteine herzustellen. Unser heutiger Fleischkonsum ist nicht nachhaltig. Rund zwei Drittel aller pflanzlichen Proteine gelangen als Futter in die Mägen von Schlachttieren wie Schweinen, Rindern oder Geflügel. Das ist nicht zielführend, wenn wir an die wachsende Weltbevölkerung denken.
Unsere Mikroalgen können nach einigen Optimierungsschritten nachhaltiger werden und sie könnten zusammen mit anderen Lebensmitteln wie Insekten oder Hülsenfrüchten dazu beitragen, in Zukunft den Proteinbedarf zu decken. Konkret nutzen wir ein in sich geschlossenes Ökosystem, bei dem die Algen das Kohlendioxid aus der Luft filtern und Sauerstoff zum Atmen produzieren. Sie wachsen schnell und sind darum sehr ergiebig. Im Rahmen eines Mikroalgenprojekts, das wir zusammen mit dem Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart durchführen, wird im Herbst dieses Jahres ein solcher Bioreaktor auf die Internationale Raumstation ISS transportiert, um zu testen, ob das Lebenserhaltungssystem auch im Weltall funktioniert. Damit wollen wir aber nicht andeuten, dass die Menschen in Zukunft auf dem Mars leben sollen. Solche Konzepte möchten wir vor allem hier auf der Erde einsetzen.
Dass wir über diese Systeme sprechen und diese an vielen Orten der Welt getestet werden, heisst nicht, dass die industrielle Produktion in Zukunft nicht mehr notwendig ist. Im Gegenteil: Sie wird nach wie vor den Hauptanteil an Lebensmitteln liefern.
Daher kommt den Lebensmittelverarbeitern eine grosse Bedeutung zu. Denn sie haben einen besonderen Platz in der Wertschöpfungskette. Sie arbeiten eng mit der Landwirtschaft zusammen und haben Kontakt zu den Verbrauchern. Sie könnten eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn es darum geht, die Auswirkungen der Primärproduktion auf die Umwelt zu minimieren, und Einfluss auf die Gesellschaft ausüben, indem sie direkt mit den Verbrauchern sprechen und ihre Bedürfnisse aufnehmen und umsetzen.
Novel Food heisst nicht unbedingt, dass wir nicht mehr wissen, was drin steckt. Die Rückverfolgbarkeit muss auch bei diesen Produkten gewährleistet sein. Aber wir müssen offen sein für Neues. Wenn wir nicht auf den ersten Blick sehen, woraus unser Essen besteht, heisst das ja nur, dass es sich um verarbeitete Lebensmittel handelt. Und davon kennen wir bereits Tausende.
Auch Brot ist ein verarbeitetes Lebensmittel. Ich ernte Getreide, führe es einer intensiven mechanischen Bearbeitung und Vermahlung zu, dann gebe ich den Rohstoff in die biotechnologische Verarbeitung, anschliessend folgt die Hefe, die für die Fermentation sorgt, und schliesslich führe ich den Rohstoff einer intensiven thermischen Verarbeitung zu, dem Backprozess. Und wenn ich dem Verbraucher einen Laib Brot zeige, würde dieser immer sagen, dass dies ein natürliches Lebensmittel ist. Ich glaube, dass auch neue Produkte bei den Verbrauchern Akzeptanz finden werden.
Wir müssen vor allem in die Entwicklung ganz neuer Produkte und Prozesstechnologien investieren.
Alexander Mathys,
Professor am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH Zürich
Das stimmt, jeder will gut essen und komfortabel leben. Und doch haben zum Beispiel Fitness-Apps einen riesigen Erfolg. Daraus lässt sich schliessen, dass die Menschen durchaus auf ihre Gesundheit achten. Wir essen viele ungesunde Lebensmittel, weil es schnell gehen muss. Was aber, wenn meine personalisierte Smart Watch mir sagt, dass diese Auswahl nicht ideal ist? Und wenn sie mir eine Alternative anbietet, die genauso schmackhaft ist? Man kann beispielsweise heute schon mit einem Sensor auf der Haut Blutzuckerwerte messen.
Wir sind nicht mehr weit von der Entwicklung einer individuellen Ernährungs-App entfernt, die Menschen auf Basis personalisierter Gesundheitsdaten bei der Auswahl der Lebensmittel unterstützt.
Ich verfüge bereits heute immer über verschiedene Optionen, wenn ich essen will, und häufig weiss ich gar nicht, warum ich etwas Bestimmtes im Laden bevorzugt habe. Vielleicht, weil es besonders gut präsentiert wurde? Vielleicht würde manchmal ein Tipp von der personalisierten Smart Watch ausreichen, damit ich mich für die gesündere und umweltfreundlichere Alternative entscheide.
Die Menschen lieben Fleisch, auch wenn es objektiv betrachtet keinen relevanten Grund gibt, warum wir Tiere essen sollten. Fleisch ist umweltbelastend und bei übermässigem Konsum ungesund. Und es gibt genügend Produkte mit dem gleichen Proteingehalt. Hier geht es also ausschliesslich um den Genuss. Das Laborfleisch befindet sich aktuell noch in einem sehr frühen Stadium des Innovationszyklus. Wie bei jeder Innovation startete man hier mit einem ineffizienten, nicht optimierten Prozess.
Heute lässt sich bereits im Labor demonstrieren, dass es funktioniert, viel mehr aber noch nicht. Auf diese Weise produzierte Burger weisen noch keine optimierte Struktur auf und sind hochpreisig. Das wird sich im Laufe der Entwicklung sicherlich ändern. Natürlich spielt auch hier die soziale Komponente eine Rolle. Viele Menschen lehnen Fleisch ab, das im Labor gezüchtet wurde – sie bezeichnen es etwa als Frankenstein-Burger. Aber die Wirtschaft sieht darin ein riesiges Potenzial. Start-ups in dieser Branche können sehr viel Risikokapital einsammeln.
Dennoch glaube ich, dass dies nicht die einzige Lösung sein wird. Fleischähnliche Produkte können auch auf pflanzlicher Basis hergestellt werden, wie etwa Textrudate aus Soja. Solche Produkte haben bereits auf vielen Kontinenten Akzeptanz gefunden.
Die bekanntesten Unternehmen aus dem Biotech-Bereich kommen aus Silicon Valley. Impossible Foods ist einer dieser Akteure. Sie haben es nicht nur geschafft, die Struktur von Fleisch zu imitieren, sondern können sich auch geschmacklich und farblich von der Konkurrenz abheben. Das Unternehmen stellt aus gentechnisch veränderten Hefezellen ein spezielles Protein her, das normalerweise in den Wurzeln von Soja vorkommt.
Bei der Gentechnik ist für mich eines wichtig: Volle Transparenz. Und die ist leider noch nicht überall gegeben. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Menschen, die den Konsum von Fleisch vermeiden möchten, häufig eine ablehnende Haltung gegenüber der Gentechnik haben, zumindest in Europa.
Die Menschen in Nordamerika sind diesbezüglich etwas offener.
Bereits heute werden in Deutschland bis zu 80 Prozent des Käses mit Enzymen hergestellt, die aus gentechnisch veränderten Hefen stammen. Aber was ist die Alternative? Sollen wir unzählige Kälber töten, um das Lab für die Käseherstellung zu gewinnen? Wie gesagt ist die Transparenz bei solchen Produkten meiner Ansicht nach der entscheidende Punkt. Wir sollten zudem mehr Forschung zu den Risiken der Gentechnik betreiben.
Es gibt zu wenige Langzeitstudien über die Auswirkungen. Im Falle der Sojapflanze beispielsweise haben sich bereits Resistenzen beim Unkraut entwickelt. Ist das Produkt dann immer noch so effizient, wie wir uns das vorgestellt haben?
Ich glaube auch darum, dass wir vor allem in die Entwicklung ganz neuer Produkte und Prozesstechnologien investieren sollten.
Zwei Beispiele habe ich schon erwähnt, unsere Mikroalgen in ihrem Photobioreaktor oder Insekten. Es gibt sicherlich noch viele andere Möglichkeiten, an die wir bis jetzt einfach noch nicht gedacht haben. Irgendwann wurde ja auch das erste Brot gebacken und irgendwo das erste Bier gebraut. Das sind heute traditionelle Produkte, aber sie sind eben stark verarbeitet.
Wir sollten in die Forschung investieren, um neue Verarbeitungsmethoden für sicherere und gesündere Lebensmittel zu entwickeln. Hier kommt der industriellen Produktion erneut eine Schlüsselrolle zu. Man muss die Rohstoffe in eine attraktive Form bringen, die zudem den Geschmack der Konsumenten trifft.
Das kann über verschiedene Verfahren passieren. Grosses Potenzial sehe ich zum Beispiel in der Extrusion, mit deren Hilfe heute Teigwaren oder Textrudate hergestellt werden. Mit der Technologie lassen sich neue Strukturen generieren. Wichtig ist bei allen möglichen Verfahren die Effizienz. Es muss beispielsweise möglich sein, grosse Mengen bei geringem Ressourcenverbrauch herzustellen.
Wir dürfen die Verbraucher nicht vergessen, denn sie entscheiden, was sie auf ihren Tellern haben wollen.
Alexander Mathys,
Professor am Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und Gesundheit der ETH Zürich
Die Lösungen werden wahrscheinlich von allen Stakeholdern kommen. Unternehmen wie Bühler werden gerade im Bereich der Technologien eine zentrale Rolle spielen. Die Grundlagenforschung wird sicherlich weiter an den Universitäten erfolgen und Start-ups haben häufig sehr innovative Denker. Wichtig finde ich, insbesondere in der Lebensmittelbranche, dass die Behörden früh mit an Bord geholt werden. Schliesslich brauchen neuartige Lebensmittel ihre Zulassung. Und nicht zu vergessen die Verbraucher, denn sie entscheiden, was sie auf ihren Tellern haben wollen.
Bühler ist bereits jetzt sehr gut aufgestellt. Das Unternehmen arbeitet eng mit allen Akteuren der Wertschöpfungskette, der Landwirtschaft, den Lebensmittelverarbeitern, den Verbrauchern, mit Universitäten und Zentren für angewandte Forschung zusammen. Bühler hat eine Drehscheibenfunktion und handelt vorausschauend.
Bühler investiert rund fünf Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung, was im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen eine beeindruckend hohe Zahl ist. Zudem hat Bühler eine herausragende Position in Märkten wie Asien und Afrika, wo laut Statistiken in den nächsten Jahrzehnten das grösste Wachstum stattfinden wird.
Wenn alle Akteure synergistisch zusammenarbeiten, werden wir es schaffen, unsere Nahrungsgrundlage für die Zukunft nachhaltig aufzubauen.
+41 71 955 11 11
media.relations@buhlergroup.com
Gupfenstrasse 5
Uzwil
9240
Switzerland